Geschichte & Geschichten

Architektur der Jahrhunderte in Leipzig – Klassizismus

Das Haus Großer Blumenberg am Richard-Wagner-Platz

Das Haus Großer Blumenberg am Richard-Wagner-Platz

Das Zeitalter des Klassizismus beginnt um 1760, in Deutschland etwas später. Im 18. Jahrhundert galt der Klassizismus als Gegenmodell zum Barock – Vereinfachung der Formen, Geradlinigkeit, Schlichtheit, klare Formen und eine Anlehnung an klassisch-antike Vorbilder.

Das ausklingende Zeitalter des Absolutismus, das aufstrebende Bürgertum, Bildung und Aufklärung machten nicht nur eine neue Ausdruckssprache der Architektur notwendig, sie forderten auch nach neuen Bautypen. Schulen, Museen, Theater und Bahnhöfe wurden nun im neuen Stil errichtet.

Schinkelportal im Hof der Universität Leipzig

Schinkelportal im Hof der Universität Leipzig

Das Bild der Innenstadt von Leipzig wandelt sich in dieser nur wenig. Die Schrecken der Völkerschlacht 1813 wirkten noch lange nach. Ab 1830 wächst die Stadt über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus. Wohnungen waren Mangelware. Und so entstehen in Leipzig nur wenige Großbauten, dafür ganze Wohnviertel. Die Westvorstadt, Friedrich- und Marienstadt, die Neustadt, das Seeburgviertel und das Waldstraßenviertel seien hier genannt. Die beginnende Industrialisierung lässt auch die kleinen Dörfer vor der Stadt wachsen. Prestigebauten, die an antike Tempel erinnern, sucht man in Leipzig vergebens. Es ist eher der zurückhaltende klassizistische Wohnungsbau, der in der Stadt zu finden ist.

Universität und Paulinerkirche um 1890

Universität und Paulinerkirche um 1890

Bedeutendstes klassizistisches Gebäude war der Neubau der Universität am Augustusplatz. Alfred Geutebrück entwarf das Gebäude, war unzufrieden und schickte seinen Entwurf zu Karl Friedrich Schinkel nach Berlin. Schinkel überarbeitete den Entwurf und so wurde er bis 1836 ausgeführt. 1896 überarbeitete Arwed Roßbach die Fassade, vom Schinkelbau blieb das Portal erhalten, das heute im Hof der Universität sehen ist. Auch die Paulinerkirche erhielt mit dem Neubau der Universität eine klassizistische Fassade. Die Fassade wurde ebenfalls 1896 historisierend überformt, und 1968 gesprengt.

Der Bayrische Bahnhof in Leipzig

Der Bayrische Bahnhof in Leipzig

Bedeutendstes erhaltenes öffentliches Gebäude aus der Zeit des Klassizismus ist der Bayrische Bahnhof, 1842 in Betrieb genommen, aber erst 1844 fertiggestellt. Die Bahnhofshalle schloss ein vierbogiger Portikus ab, der erhalten blieb, ebenso das westliche Abfertigungsgebäude. Architekt war Christian August Eduard Pötzsch.

Das bedeutendste Bürgerhaus aus dieser Zeit ist der Große Blumenberg am Richard-Wagner-Platz. 1826 bis 1832 wurden mehrere Häuser zu einem zusammengefasst und mit einer einheitlichen Fassade versehen. Der Mittelrisalit ist durch vier Pilaster mit Kapitellen geschmückt.

Das Königliche Palais in der Goethestraße gehört zu den späten Bauten des Klassizismus in Leipzig. 1860 bis 1861 erbaut durch Alfred Geutebrück ist dieses Gebäude durch die italienische Renaissance geprägt.

Eine Besonderheit ist die sogenannte Kaufhalle am Markt. Der 1845 bis 1846 durch Christian Eduard Pötzsch errichtete Bau erinnert durch sein Baudekor an die Schinkelsche Bauakademie in Berlin.

Zwischen 1830 und 1860 entstanden mehrere Schulgebäude, darunter die Bürgerschule auf der Moritzbastei (im 2. Weltkrieg zerstört) und die Bürgerschule in der Lortzingstraße, die heute das Naturkundemuseum beherbergt. Das eher zurückhaltend gestaltete Gebäude besticht vor allem durch seine Ausgewogenheit zwischen Kubatur und Fassadengestaltung.

Um 1800 entstand auch der Leipziger Promenadenring durch Niederlegung der Stadtbefestigung. Bürgermeister Carl Wilhelm Müller ließ eine Parkanlage anlegen, die den Vorgaben des englischen Landschaftsparks entspricht. Die Bürger Leipzigs setzen Müller 1819 gegenüber dem Hauptbahnhof ein Denkmal.

Ab 1830 begann die Bebauung des Waldstraßenviertels. Vor allem im westlichen Bereich entstanden bis in die 1860er Jahre zahlreiche Villen und Wohnbauten im klassizistischen Stil.

Die Westvorstadt entstand aus Apels Garten, einem barocken Bürgergarten. Der Jurist und Visionär Dr. Carl Heine erbte und kaufte die Flächen, ließ sie parzellieren und bebauen. Bis heute zeugen einige Gebäude in der Westvorstadt davon.

Schumann-Haus im Graphischen Viertel

Schumann-Haus im Graphischen Viertel

Eine barocke Stadterweiterung gab es in Leipzig nicht. Erst ab etwa 1830 wächst die Stadt. Und so entstehen auch die Marienstadt und die Friedrichstadt östlich der Innenstadt (heute Graphisches Viertel). Durch spätere Überbauung und Zerstörung im 2. Weltkrieg ging viel verloren, erhalten blieben aber auch hier einige Wohnbauten und Villen, allen voran zu nennen das Schumann-Haus.

Mit dem Bau der Leipzig-Dresdner Eisenbahn entstand auch die Neustadt als klassizistisches Wohnquartier. Ende des 19. Jahrhundert erneut überbaut, haben sich hier nur wenige Bauten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten.

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Quellen:
Wolfgang Hocquél: Leipzig Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart, Passage Verlag Leipzig, 2010
Wolfgang Hocquél: Leipzig Baumeister und Bauten, Tourist Verlag Berlin Leipzig, 1990

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Autor: Mirko Seidel am 8. Nov 2019 15:49, Rubrik: Geschichte & Geschichten, Stadt Leipzig, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,


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